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WORKAHOLIC - WER ODER WAS ?
Wenn man beruflich als Berater so ständig auf Reisen ist, trifft man allerhand Menschen, die sehr beschäftigt sind, aber es gibt auch unter diesen Menschen welche, die tatsächlich Zeit für ein "Gespräch" haben. Manchmal überkommt es mich, und ich suche das Gespräch; egal wo, ob in der Lufthansa-Lounge, im Sheraton-Hotel, im Szenerestaurant, am SIXT-Schalter, im Fitnessstudio oder in einer dieser Pseudopsychokurse über Teamfähigkeit, Mitarbeitercoaching oder gar gewinnorientierte Konfliktlösung; hier ist jedoch der Tenor immer der gleiche: Seit lieb und nett zueinander, respektiert euch. "Amen" kann ich dazu nur sagen, äh, ich meinte natürlich "Omhhh & Namaste" (um den "Zeitgeist" gleich mit einzubeziehen).
Das Thema ist das "Wesen des Unter-nehmensberaters" und hierzu befrage ich die Leute, die ein bisschen Zeit für ein Gespräch haben. Man erhält unterschiedliche, ja sogar ziemlich harte Äußerungen zu diesem Thema: Nach Meinung der Kritiker gehören die Unternehmensberater zu jener Spezies, die als karriereorientierte Workaholics, also als Arbeitssüchtige, mal bewundert, mal bedauert werden wollen und die sich in ihrer Selbstbeschreibung gerne als solche outen, weil es in den Ohren der Kollegen als statusfördernd klingt.
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Was ist aber mit den Herrn Kritikern selbst, die eher jener Gattung der Selbstverwirklicher zuzurechnen sind, die sich dem verschleissenden Wettbewerbs-verhalten der Konkurrenzgesellschaft verweigern wollen und in der Karibik ausgiebig Zen-Bücher lesen oder die griechischen Stoiker zitieren. Sind sie nicht vielleicht etwa einer jener (grünen) Selbstständigen, die nicht etwa des Profits wegen, sondern allein wegen höherer Werte die selbstverständliche Selbstausbeutung betreiben ? Bin ich ein leidenschaftlicher Forscher oder Künstler, bei dem die erschöpfende Beschäftigung mit der Arbeit eher ein beneidenswerter Ausdruck der Auseinandersetzung mit Höheren zu sein scheint, oder bin ich einer jener rastlosen "schlimmen" Heuschrecken-Kapitalisten, die zwar noch jung an Jahren, aber verbraucht in der Persönlichkeit sind ?
In einer Welt der "Propheten und ewigen Mahner vor übermäßiger Arbeit", in der die reflexionswütigen Innerlichkeitsspezialisten den handlungswütigen Beratern "Verirrung" vorwerfen, ist man zur Selbstkritik gezwungen: Ist man nun ein beneidenswerter Lustarbeiter oder kranker Workaholic ? Ist die Erfüllung das Kriterium oder die Menge der Arbeit ? Darf man sich selbst mehr zumuten als der Durchschnitt es tut ? Kann ich schnell regenerieren oder habe ich psychosomatische Störungen ? Empfinde ich Freude oder eher Getriebensein beim ständigen Arbeiten ? Kann ich gut schlafen und zwischendurch abschalten oder beschäftigt mich meine Arbeit permanent. Bin ich wie zwanghaft auf Arbeitsthemen fixiert oder einer dieser kreativen, neugierigen Typen, die sich für unterschiedliche Themen begeistern können.
So oder so werden die Herren Kritiker unschwer erkennen, was über Lustarbeit bzw. Workaholismus entscheidet: nämlich die innere Einstellung, die persönliche Grenze eines jeden und das Urteil guter Freunde. Workaholic ist nur ein Wort. Was es bedeutet, liegt jedoch bei jedem Einzelnen.
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